29.09.2021 11:05

Beat Furrer: Uraufführungen in Donaueschingen und Wien

Die Donaueschinger Musiktage und Wien modern ermöglichen einen ungewöhnlich umfangreichen Einblick in Beat Furrers neuestes Schaffen: vier Uraufführungen, zwei österreichische Erstaufführungen, sämtliche Streichquartette mit dem Quatuor Diotima und sein Debüt am Pult der Wiener Symphoniker formen einen gewichtigen Programmschwerpunkt.
 
Uraufgeführt werden sein Zyklus von vier Orchesterstudien „Tableaux“, das Streichquartett Nr. 4, die Vokalminiaturen „Akusmata“ sowie die „Studie II“ für Klavier. Zudem erklingen sein Violinkonzert aus dem Jahr 2020 und alle Streichquartette. Seine neuen Werke sind allesamt Erkundungen über das Entstehen von Melodie, in klanglich und harmonisch dicht entworfenen Strukturen und sogartig sich entwickelnden Formverläufen.
 „Akusmata“ heißen sieben Sinnsprüche nach Pythagoras, ein Vokalensemble transformiert die rätselhaften Sentenzen in konzentrierten Klang.

In Beat Furrers „Tableaux“ geht es um Tiefenwirkungen, um Schichtungen und feinste, naturhaft und ungeregelt sich ausbreitende Stimmen. Sie sind inspiriert durch frühe Bilder von Max Ernst um das Jahr 1927, einige von ihnen „Wald und Sonne“ betitelt, in denen monolithische Baumanordnungen zu sehen sind, die sich vertikal auftürmen und – wenn man genauer hinsieht – in feinen Strukturen verästeln und von Lebewesen bevölkert sind. Wie in einer Bilderserie erforscht Beat Furrer in seinen vier Orchesterstudien spezifische musikalische Texturen zwischen quasi mechanischen, sich ausbreitenden und singulären, „sprechenden“ Ereignissen. „Die Strukturen ergeben sich aus bestimmten Bewegungen oder werden aus physischem Druck erzeugt (Frottage/Grattage) und in verschiedenen Ebenen im Hintergrund zum Leben erweckt. In Max Ernsts Wald-Bildern sind es abgestorbene, vertikale Strukturen und eine Art gleißende Sonne, eine Art Nature morte, voller Leben oder Lebewesen. In allen vier Stücken gibt es konstante Transformationen des Klangs, eine Bewegung, die sich dauernd von unten nach oben in verschiedenen harmonischen Konstellationen ereignet. Dahinter erscheint noch eine andere Ebene: Stimmen, die rufen, schreien, flüstern, reden oder singen. Hinter der regelmäßigen Struktur gibt es instabile unregelmäßige Phänomene.“

Beat Furrer